Aus dem Epizentrum der Krise – Bericht von Sr. Renate aus Sao Paulo

Immer wieder meldet sich Sr. Renate aus Brasilien. Im Moment arbeitet sie in São Paulo mitten in einem der Epizentren der Corona-Krise in Brasilien, das ungleich härter getroffen worden ist als wir hier in Deutschland.

Hier ihr Bericht:

Heute melde ich mich aus der Stadt São Paulo, wo ich seit dem 23. April die Franziskaner bei ihrer Mission mit den Wohnungslosen unterstütze. Die Entscheidung fiel am 19. April (meinem 60. Geburtstag) nach einigen Gesprächen mit meinen Mitschwestern der Kommunität  in Coroatá und unserer Provinzoberin. Am 21. hat unser Bischof den Gottesdienst, der bereits vorher schon geplant war, in unserer Kapelle gehalten   und mich für diese Mission ausgesandt. Am 22. in der Frühe haben meine beiden  Mitschwestern mich zum Flughafen nach São Luis gebracht (4 Stunden Autofahrt) und nachmittags wurde ich dann von 2 Franziskanern in São Paulo abgeholt.

Ich hatte also keine Zeit mich zu verabschieden – was unter den Coronagegebenheiten ja eh nicht möglich gewesen wäre. Nun mache ich neue Erfahrungen mitten in einem der Epizentren Brasiliens.

Die Franziskanische Provinz hier hat das Projekt SEFRAS (Serviço Franciscano de Solidariedade) ins Leben gerufen, wo seit Jahren täglich  Mittagessen und ein Imbiss am Nachmittag an etwa 300 Bedürftige ausgeteilt wird. Mit der Coronakrise hat sich die Zahl enorm gesteigert und so wurde das Zelt auf dem Platz vor der Kirche erstellt. Dort werden jeden Tag mittags und abends je etwa 1300 Mahlzeiten ausgegeben. Inzwischen ist dort eine Schaltstelle, von wo aus auch die Favelas und andere Kommunitäten wie „Crackolandia“ versorgt werden. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite hat die Stadt Duschen und Toiletten installiert. Die Bedürftigen erhalten Hygienekits und Kleidung, die die Bevölkerung spendet. Außerdem stehen Waschbecken bereit, wo sich die Leute vor dem Essen die Hände waschen können.

Inzwischen hat die Kälte Einzug gehalten – es sind nachts unter 10º –  die Nachfrage nach Decken ist sprunghaft  gestiegen.

Trotz Ausrüstung und Hygienemaßnahmen ist die Ansteckungsgefahr groß und einige Freiwillige waren bzw. befinden sich in Quarantäne. Seit 12 Tagen gehöre auch ich dazu… Doch habe ich nur leichte Symptome und die kritische Phase ohne Komplikationen überstanden. Gott sei Dank!!!

Ein Test ergab, dass ich bereits Antikörper gebildet habe und somit vor einer weiteren Infektion vorerst weitgehend geschützt bin. Nun hoffe ich, bald aus der „Einzelhaft“ entlassen zu werden, und wieder voll einsteigen zu können.

Mein Hiersein ist  für 3 Monate geplant, wie´s danach weitergeht wird sich zeigen. In Coroatá, wo ich ja eigentlich wohne, haben die Fallzahlen inzwischen ebenfalls deutlich zugenommen und meine Mitschwestern bleiben soweit es möglich ist, brav im Haus.

Auf den Fazendas werden keine neuen Rekuperant(inn)en aufgenommen und Außenkontakte wie Besuche sind gestrichen. Somit sind dort bislang keine Infektionen verzeichnet worden. Im Gefängnis sind ebenfalls die Außenkontakte gestrichen – keine Besuche der Angehörigen und ebenso keine Pastoral- oder anderweitige Aktivitäten. Wenn meine letzten Informationen stimmen, gibt es unter den Internen keine Erkrankten, jedoch beim Personal.

Über die  politische Führung des Landes brauche ich wohl nichts zu sagen – da hört man auch  in Deutschland  nix Gutes… Die Situation ist mehr als kritisch und die Bevölkerung zahlt die Rechnung.

Das Zuhause Bleiben ist gut und sinnvoll – doch die wenigsten hier haben finanzielle Rücklagen. Die staatliche Hilfe fließt wie so oft in falsche Kanäle und die Bedürftigen gehen wieder mal leer aus. Somit wird trotz geschlossenen Geschäfte Handel auf der Strasse getrieben und der Verkehr fließt ungemindert weiter.

Mein Zimmerfenster geht zur Strasse und somit bekomme ich einen Ausschnitt des Stadtgeschehens live mit.

Frei Lucas wird 24! Das muss gefeiert werden!!! 

Wie in Coroatá so bin ich auch hier in São Paulo auf eure Unterstützung durchs An uns denken und für uns beten angewiesen. Ohne diesen stärkenden Hintergrund wäre mir vieles nicht möglich…

Einen ganz herzlichen Dank für alle Verbundenheit – möge Gott es jeder/m vergelten.

Liebe Grüße und bleibt gesund
PAZ E BEM
eure/ihre Irmã M. Renate Marmann

Unsere neue Bankverbindung:

Kongregation der Franziskanerinnen von Siessen – Generalat e.V.

Missionsprokur

Volksbank e G Bad Saulgau

DE 46 6509 3020 0047 8440 00

BIC: GENODES1SLG