Meditation zum Bild

Pater Richard Henkes,
inmitten von Kreuz und Schmerz, Krankheit und Tod,
inmitten von so viel Violett und Rot
stehst du da. –
Und du schaust mich an mit einem Blick
voll Wärme und innerer Kraft,
mit einem Lächeln, das stärker ist
als all der menschenverachtende Wahnsinn,
dem du zum Opfer fielst.

Stacheldraht reicht bis an dein Herz,
zerschneidet die Pläne, begrenzt deine Wege.
Aber auch Gold schimmert durch,
kaum sichtbar, überdeckt fast vom Leid.

Und doch: ER IST DA!
Hinter dir, um dich herum
in diesem Irrsinn des Bösen,
in deiner tapferen Beständigkeit.
ER IST DA,
aus dem all deine Kraft du schöpfst
bis zum Schluß.
Weit breitet Er Seine gekreuzigten Arme aus,
alles umfassend.
ER ist es, an den du dich lehnst,
auch in den grausamen Stunden des eigenen Sterbens.

Als du so jung dich deinem Gott ganz schenktest,
legtest du dich auch vertrauensvoll
der Mutter Jesu in die Hände.
Sie hat dich nicht verlassen,
auch hier nicht.
Sie hütet das Licht deines kostbaren Lebens und Sterbens
in ihrer mütterlichen Hand,
daß es leuchte und wärme und wegweise
auch über deinen Tod hinaus.

Das göttliche Kind in ihrem Arm
berührt dein Haupt
und „jeden Morgen weckt es dein Ohr,
damit du auf ihn hörst wie ein Jünger“ (Jes. 50,4).

So auch in jener entscheidenden Stunde
als du den Ruf vernahmst,
IHM in seinen leidenden Brüdern zu dienen
und in der Typhus-Baracke die Kranken zu pflegen.

Unter Mariens mütterlichem Schutz standest du auch,
als du das schlichte Kreuz deines Herrn
gegen das verbogene Kreuz des Hasses erhobst.
Haft und KZ war für dich die Konsequenz.
Du: gerade wie dein Blick,
die unter dem Anti-Kreuz: gebückt und verkrampft.

Das Angesicht deines Herrn ist verborgen gegenwärtig
wenn du als Lehrer den jungen Menschen Halt, Richtung und Wahrheit vermittelst.
Liebe fließt über von dir zu ihnen,
SEINE Liebe.
Bedroht ihr beide
vom Stacheldraht des Leidens.

Doch selbst gefangen und inhaftiert
bist du Friedensstifter.
Du streckst deine Arme aus,
Tschechen und Deutsche versöhnend.
Auch da SEIN Antlitz, SEINE Kraft
das Wirken SEINER Liebe zwischen euch.

Du,
nachdem du im Hören und Gehorchen
zum Kranken unter Kranken,
zum Todgeweihten unter Todgeweihten geworden bist,
erkennst im todkranken Bruder deinen Gott,
und dein Gott erkennt in dir seinen Bruder,
über den er sich
– flammend vor Liebe – beugt,
um dir Seine göttliche Kraft zum Opfer zu schenken.

Ganz unten liegst du am Ende dann da.
Eine Nummer, kein Mensch.
Aufgeschnitten wie dein Herr,
zusammengebunden mit Draht,
ausgemergelt,
verbrannt,
ein Häufchen Asche…

Ende eines strahlenden Lebens?
Scheitern groß angelegter Eigenschaften?
Sinnloses Opfer einer Wahnsinnsepoche?

Fragen,
die man ebenso stellen könnte
im Blick auf den Lebensweg dessen,
dem du nachgefolgt …

Ist das der Grund deines Lächelns?

Du schaust mich an
wie Jesus die Emmausjünger:

„Wußtest du nicht, daß ER all dies leiden mußte?
Wußtest du nicht, daß ich all dies leiden mußte,
weil ich mein Herz, meinen Leib und meine Seele
ganz in SEINE Nachfolge gab?

Ich bin gestorben
und in roter Glut zu Asche verbrannt.
Aber Er ist auferstanden
und in IHM lebe auch ich,
preise seinen Namen und das Wunderbare,
das er an mir vollbracht hat.
In seinem Blut und seinem Opfer
soll mein Blut und mein Opfer Same sein
für eine neue, sich in glühender, liebevoller Hingabe
immer wieder erneuernde Kirche.“                                               Beate Heinen / Hubert Lenz

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